16
Aug
2014

Erlebnisse im Einzelhandel

Ich hatte bislang eine freundliche, ältere Dame, die mir ab und zu half, meine Wohnung auf Vordermann zu bringen. Leider musste sie aber aus gesundheitlichen Gründen diese Tätigkeit aufgeben.
Jetzt war ich also an der Reihe mit der Hausarbeit. Drum ging es heute in die Stadt, denn ich benötigte einen Staubsauger, da die Dame immer ihren Vorwerk mitbrachte.

Ich wollte mein Karmatreuepunktekonto des guten Gewissens wieder aufladen, also führte mich mein Weg nicht in eine der üblichen Konsum-Elektronik-Hausgeräte und geilen-Geiz-Ketten, sondern in einen netten beschaulichen Einzelhandel-Laden, über dessen Eingangstür ein entzückendes Glockenspiel hing, welches mein Betreten des Verkaufsraums angekündigt hatte.

Aus einem Hinterzimmer trat ein junger Mann, schätzungsweise zweites Lehrjahr, habe ihm gesagt, dass ich einen Staubsauger benötige, den ich selber nutzen möchte..freudig präsentierte er mir den Verkaufsschlager des Ladens, 2.400 Watt, 4 Lenkrollen und, Ergo-Griff, weit ausziehbares Teleskoprohr, extrabreite Polsterdüse mit 4-fach Fadenheber ( was auch immer ein Fadenheber ist..), es sah wirklich toll aus, und die Grösse war auch super..zumindest wenn ich mich entschieden hätte, das Gerät mit drei kurzen Handgriffen zu einem Minibergepanzer umzubauen und mit ihm in ein Krisengebiet zu fahren..

aber als Saughilfe für eine Frau im Rollstuhl, war das Superteil ungefähr so gut geeignet, wie Birkenpollenbettwäsche für Heuschnupfen-Betroffene.

Beim Ausprobieren rutschte der Gerätekorpus unter meinen Rollstuhl und eine der 4 preisgekrönten Lenkrollen verhakte sich zwischen zwei meiner Rollispeichen.Sah irgendwie so aus, wie ein übergewichtiger Dackel, der sich vor seinem Herrchen versteckte, weil er ( also der Dackel ) mal wieder neben die Couch gepinkelt hatte.

Der junge Verkäufer schnaufte ein wenig und ich sah, dass seine Stirn glänzte, was entweder an einem möglichen Unwohl-Nerv-warum-braucht-um-alles-in-der-Welt-eine-Rollstuhlfahrerin-um kurz-vor- Ladenschluss-am-Samstag-einen-Staubsauger-Schweiss-Gemisch lag oder aber, er benutzte sehr feuchtigkeitsintensive Herrenpflege-Produkte fürs Gesicht...wahrscheinlich letzteres..;-)

Nachdem also der adipöse Gerätekorpus-Dackel wieder befreit war, lobte ich zwar das Können des Verkaufsschlagers, und versicherte, dass jede "unbeschädigte" Hausfrau von hier bis zur Milchstrasse sich glücklich schätzen könnte, solch ein Gerät zu besitzen, aber für jemand im Rollstuhl war das einfach nichts, also bat ich um einen weiteren Vorschlag..

dann ging er kurz ins Lager und kam mit einem Handsauger zurück..als ich das Ding sah, hatte ich irgendwie die Titelmelodie von Star Wars im Kopf, denn wenn man nicht wusste, dass es sich um einen Sauger gehandelt hätte, wäre der Begriff "Laserschwertkanone" genau das Richtige gewesen, ich nahm es in die Hand und fuchtelte mit der gefühlten 5 m langen Saugdüse hin und her und wollte die angespannte Stimmung des Verkäufers mit dem Satz "Luke, ich bin Dein Steuerberater" aufheitern, gelang mir aber wohl nicht, da sich seine Miene höchstens unter dem Mikroskop verzog.

.er wollte schon aufgeben, als ich an der Seite einen kleinen Bodensauger entdeckte, der von der Grösse her für jeden Hobbit ideal gewesen wäre: kleiner Korpus, dünnes Saugrohr und der Schlauch war so schmal, dass ich bei der Benutzung nicht so rüberkam, als würde ich mit einer Boa Constrictor Lambada tanzen.

Also habe ich mich für den kleinen Saugzwerg entschieden und diesmal verzog sich sogar positiv sichtbar die Miene des leicht transpirierenden Lehrlings.

Ich habe ihm dann - im leicht mütterlichen Ton - erklärt, dass es leider nicht sehr viele Haushaltsgeräte gibt, die Rollifahrer nutzen können und ich deswegen nicht so sehr drauf achte, ob nun ein Gerät zum Testsieger in der Bäckerblume gewählt wurde, sondern dass es in erster Linie drauf ankommt, für mich nutzbar zu sein.
Natürlich könnte ich auch versuchen, jemand anderes für meinen Haushalt zu finden, aber diese Form der Tätigkeit sehe ich als Teil meines Fitness-Programms, welches mir hiflt nicht einzurosten und als positiver Nebeneffekt "saut" meine Wohnung nicht ein..Zwei Fliegen also mit einem symbolischen Paralspray vernichtet.

Ich hab dann auch noch einen Full-HD Fernseher nebst Blu-ray-Player gekauft, die beide am Montag geliefert werden, denn mein alter Grundig feiert dieses Jahr seinen 15. Geburtstag, das sind wohl umgerechnet 237 Menschenjahre und ganz fit ist er wirklich nicht mehr, denn sobald die Raumtemperatur über die 26 Grad-Marke steigt, meint der Ton des Gerätes, er müsse jetzt unbedingt Meeresrauschen imitieren. Also bleibt dann nur die Stummschaltetaste, aber zumindest habe ich dadurch meine Fähigkeiten im Lippenlesen deutlich verbessert..;-)..

Der Verkäufer schien also zum Schluss hin doch noch selig, ob des Geschäftes, das er mit mir gemacht hatte und happy war ich auch, denn alle drei Geräte waren heruntergesetzt, was wiederum meiner halbschwäbischen Spar-Schnäppchen-Seele sehr entgegenkam.

Aber kurz bevor ich dann den Laden verlies, gab ich noch an, dass ich wahrscheinlich im nächsten Jahr wiederkäme, weil ich dann einen neuen Backofen wohl benötigen würde. Nach diesem Hinweis konnte ich im Gesicht des Verkäufers lesen: "Umschulen, ich muss sofort umschulen"...;-)..
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