2
Apr
2014

Der Ton macht die Musik oder doch die Wortwahl?

Eine liebe Freundin hat mich mit ihren Eindrücken auf die Idee dieses Beitrags gebracht.

In den letzten Wochen hat man ja des öfteren Dokus über Menschen mit Behinderungen gesehen, was ja im ersten Moment durchaus löblich ist..Was aber stets einen schalen Beigeschmack hatte, war die oftmals mitleidserregende Wortwahl in den Kommentaren.
Beispiele :

"Sie meistert tapfer ihr Schicksal"
"Er leidet an XY"
"Ihre Welt ist stumm"
"Er ist an den Rollstuhl gefesselt"..

Da kommt wirklich Freude auf, wenn man sowas liest, oder?
Nein? Jetzt echt nicht? Stimmt, geht mir genauso..

Wenn man als nichtbehinderter Journalist sich mit dem Thema Behinderung beschäftig, dann würde ich mir wünschen, dass er/sie wesentlich unvoreingenommener an die Sache herangeht und nicht beim Schreiben Bilder im Kopf hat, die eher Ähnlichkeiten haben, mit den Zuständen in "handelsüblichen" Waisenhäusern, die man aus den Romanen von Charles Dickens kennt..

Ich muss keine Schwefelhölzer verkaufen, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen, dafür gibt es inzwischen barrierefreie Büros mit Internetanschluss, noch leide ich..und zum Lachen gehe ich auch nicht in den Keller ( mein Fahrstuhl fährt ohnehin nur bis ins Erdgeschoss.)
Und an den Rollstuhl wäre ich nur dann gefesselt, wenn ich einen SM-Fetisch hätte und selbst dann würde ich sicherlich nicht den Rollstuhl als "Ort der gewünschten Verschnürung" wählen.

Journalismus möchte informieren, für Quoten oder gute Verkaufszahlen sorgen, alles gut und schön..
Aber durch solche Phrasen wird ein vollkommen falsches Bild erzeugt. Okay, es gibt sicherlich den einen oder anderen Behinderten, der nach aussen hin so wirkt und über sich spricht, als wäre er das Leiden Christi in Flaschen abgefüllt..

aber das hat nichts mit der Behinderung zu tun, sondern ist eine hauseigene Einstellung, bei der das Handicap höchstens als eine Art Verstärker dient.
Hätte derjenige keine Behinderung, dann wäre sein Leben nicht automatisch besser und die spezielle "Flaschenabfüllung" würde es dann trotzdem geben, nur eben mit einem anderen Inhalt ( Politik, Religion, Staat, oder Bayern München ist schon wieder Deutscher Meister..;-)..es gibt also genug Ersatzthemen, die man stattdessen wählen kann)

Falls dies also ein Journalist lesen sollte: Bitte vielleicht einmal darüber nachdenken, ob man diese Phrasen nicht in Zukunft sein lassen könnte..weil sie es den Behinderten nicht grade einfach machen, solche Worte suggerieren nun mal ein permanentes Leiden, und nur der Tod scheint die Rettung zu bringen..Das wird aber dann ziemlich doof, wenn man Atheist ist...;-)

Es nervt doch auch sicherlich den einen oder anderen aus der Zunft, falls er mal beim Zappen bei "Bauer sucht Frau" landen sollte und dann dort diese unsäglichen Adjektive wie: "der fidele Fischwirt" oder "der verliebte Schweinebauer" sich anhören muss..
..wer denkt sich eigentlich sowas aus? Und vor allem, auf welcher Journalisten-Schule lernt man sowas? Wenn dort nebenher noch Tannenbäume und Buchsbaumhecken gezüchtet werden, dann habe ich keine weiteren Fragen mehr...;-)
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