Bedienungsanleitung
Wie begnet man einem Behinderten, wie verhält man sich..ok im ersten Moment klingt diese Fragestellung merkwürdig, weil man natürlich antworten könnte "Ganz normal halt, was soll die Frage?"
Aber ich merke schon, dass manche beim ersten "Kontakt" ( grins also ähnlich wie beim ersten Treffen zwischen Erdlingen und Aliens ) durchaus Berührungsängste haben.
Aber halb so wild..es herrscht natürlich oftmals das Klischee, dass Behinderte besonders empfindlich seien und man sie deswegen besonders vorsichtig behandeln sollte..ich halte das für keine gute Idee..naja es ist halt so..dass Du als gehandicappte oftmals den Satz zu hören kriegst "ich bewundere Dich oder dass, was Du tust"..
Das ist sicherlich ganz lieb und ehrlich gemeint, aber wie soll ich sagen..ich bin geburtsbehindert und egal was ich in meinem Leben gemacht habe, ob nun Abitur, Studium, Führerschein. Das wurde so sehr bewundert, dass ich manchmal das Gefühl hatte, jetzt kommt gleich eine High-School-Marching Band und spielt dazu die Titelmelodie des "Der General"-Putzmittel-Werbespots ( heisst im Original wohl "Stars and Stripes" ).
Für mich waren diese "Errungenschaften" nichts "Bohei-Würdiges", weil ja vor mir schon Millionen von Menschen u.a. den Führerschein gemacht haben, aber die meisten von denen waren nicht gehandicapped...in dem Zusammenhang verstehe ich auch nicht Klatschen bei der Landung eines Flugzeugs, ich tröte ja auch keinem Busfahrer eine Wuwuzela ins Gesicht, schmeisse Konfetti und rufe "Horst-Günther ich bewundere Dich in Deiner Funktion als Busfahrer auf der Strecke zwischen Bramsche und Osnabrück"
;-)..
Nicht falsch verstehen, ich freue mich durchaus, wenn ich bewundert werde, aber für mich hörte sich das so an, als würde man mir nicht mal die alltäglichsten Dinge zutrauen....wobei sich das langsam bessert..und trotz beginnender Faltenbildung und dem einen oder anderen Knarzen in den Knochen muss ich echt sagen, dass das Älterwerden gar nicht so schlecht ist, da man die Gelassenheit entwickeln kann, mit alten Dämonen und Illusionen seinen Frieden zu machen.
In dem Zusammenhang hat mir vor kurzem ein sehr lieber und wichtiger Freund einen bedeutungsvollen Satz gesendet "Erst wenn Du weisst, wer Du NICHT bist, weisst Du, wer Du bist"..Genialer Satz, der zwar auf den ersten Blick frustrierend klingt, aber auf lange Sicht erspart er einem wertvolle Zeit!
Ich weiss jetzt und habe vor allen Dingen akzeptiert, dass ich vom Äusseren- aber auch vom Inneren her, nie so sein werde, wie andere, ..und es wird auch immer wieder Momente geben, in denen ich diese Tatsache verfluche, beispielsweise wenn ich einen Ort besuchen möchte, der nicht rollstuhlgerecht ist..
Selbst wenn aber von einem auf den anderen Moment die Welt barrierefrei wäre, dann würde ich irgendwas anderes finden, was mich dann nervt oder anpisst..Genervt sein in "erträglichen Dosen" ist ganz gut, weil es zum Nachdenken anregt und somit Raum für Lösungen anbietet.;-)
Und ich weiss auch, dass vielleicht nicht Myriaden an Menschen mich kennenlernen möchten, egal ob nun auf freundschaftlicher oder partnerschaftlicher Basis, aber die, die das wollen sind schon besondere Menschen, weil sie nicht an Oberflächlichkeiten oder stereotypen Schönheitsidealen interessiert sind. Und eben das macht sie zu besonderen Menschen..und räusper...mich dann irgendwie auch..Wobei ich natürlich schon mal oberflächlich und zickig sein kann, ist aber nicht wirklich meine Grundhaltung..aber ich bin furchtbar schadenfroh..haut sich einer mal das Köpfchen an oder macht einen tollen Versprecher..zack liege ich im Eck und kugel mich..
Darüber hinaus trägt meine Behinderung auch zu unfreiwilliger Komik bisweilen bei, weil es immer wieder Momente gibt, in denen Menschen sehr angestrengt nachdenken, nur um in einer Konversation mit mir die Verben der Bewegungsrichtung ( gehen, laufen, rennen ) vermeiden wollen, weil sie befürchten, ich brech dann in Tränen aus..dem ist wirklich nicht so, denn auch ein Blinder sagt ja auch hin und wieder "Ich schau mal nach"..;-)
Oder aber wenn ich im Restaurant bin und es gibt Buffet und jemand bietet mir an, was von dort zu holen mit den Worten "Bleib ruhig sitzen, ich hol Dir was" und dann plötzlich kreidebleich wird, weil er "sitzen bleiben" gesagt hat..Mich amüsiert das sehr und ich bin da auch niemanden böse, weil es zeigt, dass der Rollstuhl nicht mehr wahrgenopmmen wird, also ist das dann eigentlich eine win-win Situation für beide..
Mit anderen Worten, ich habe jetzt aufgrund meines Rollstuhls kein passendes Vokabular mir anngeeignet..denn wenn ich sagen würde "ich roll jetzt in die Stadt zum Einkaufen" (anstatt "gehen")
dann hat das doch Ähnlichkeit mit dem Witz, bei dem eine sehr beleibte Frau in eine Konditorei kommt und zur Verkäuferin sagt "Ich möchte gerne Rumkugeln" worauf dann die Verkäuferin entsetzt sagt "aber nicht in unserem Laden!"...;-)
Am skurrilsten wird es dann, wenn ich in dritter Person angesprochen werde, meist machen das ältere Herrschaften, jenseits der 60..eine ehemalige Mitarbeiterin unseres örtlichen Getränkehandels hat mich immer gefragt "Hallo, was bekommt sie denn?".. anfangs habe ich mich immer mehrfach umgedreht, wen sie denn gemeint haben könnte, aber da war niemand anderes im Laden....also habe ich geantwortet "sie bekommt einen Kasten Cola light, und wenn die Mitarbeiterin so lieb wäre, ihr diesen Kasten in den Kofferraum zu stellen, würde sie sich freuen.." ;-)
Oder aber wenn Menschen gaaaanz laaangsam und gaanz laut mit mir sprechen, weil sie vielleicht denken "wenn sie es schon mit den Beinen hat, dann hat sie es vielleicht auch mit den Ohren"
Es gibt nur drei Dinge, die ich nicht so prickelnd finde, zum einen ist es das, wenn ich eine Einkaufsbegleitung habe und beispielsweise in einem Klamottenladen wird diese dann gefragt, welche Grösse ich hätte, obwohl ich grade mal 40 cm Luftlinie von meiner Begleitung entfernt bin..
Und dann noch das sofortige Duzen von einer Person, die ich nicht kenne..
Und zum Schluss eben, wenn jemand auf einem Behindertenparkplatz parkt ohne "blaues Kärtle" auf dem Armaturenbrett..aber das hatte ich ja schon thematisiert..
Ok also zum Abschluss, wie geht man nun mit einem Behinderten um..nun ganz kurz und prägnant.."genauso, wie Du es Dir wünschst, dass man mit Dir umgeht"..ohne Bohei, mit einem bisweiligen Hang zur Selbstironie, mit Respekt und nicht sooo furchtbar ernst....mehr ist nicht nötig...dann klappts auch mit dem Nachbarn..zwinker..
Gute Nacht!!!
Grade wieder ein Erlebnis "reinbekommen". Disponent rief an und sagte "Frau XXX? Ich hab eine kleine Reklamation..SITZEN SIE GUT DAFÜR?" ( er weiss, dass ich im Rolli sitze ).ich hab geantwortet "Warten Sie Herr XX, ich hol nur schnell einen Stuhl.." .ich glaub, nach 5 Minuten war er fertig mit dem Entschuldigungsagen..der arme...aber diese Situation bekommt von mir trotzdem ein "Like"...herrlich...
Aber ich merke schon, dass manche beim ersten "Kontakt" ( grins also ähnlich wie beim ersten Treffen zwischen Erdlingen und Aliens ) durchaus Berührungsängste haben.
Aber halb so wild..es herrscht natürlich oftmals das Klischee, dass Behinderte besonders empfindlich seien und man sie deswegen besonders vorsichtig behandeln sollte..ich halte das für keine gute Idee..naja es ist halt so..dass Du als gehandicappte oftmals den Satz zu hören kriegst "ich bewundere Dich oder dass, was Du tust"..
Das ist sicherlich ganz lieb und ehrlich gemeint, aber wie soll ich sagen..ich bin geburtsbehindert und egal was ich in meinem Leben gemacht habe, ob nun Abitur, Studium, Führerschein. Das wurde so sehr bewundert, dass ich manchmal das Gefühl hatte, jetzt kommt gleich eine High-School-Marching Band und spielt dazu die Titelmelodie des "Der General"-Putzmittel-Werbespots ( heisst im Original wohl "Stars and Stripes" ).
Für mich waren diese "Errungenschaften" nichts "Bohei-Würdiges", weil ja vor mir schon Millionen von Menschen u.a. den Führerschein gemacht haben, aber die meisten von denen waren nicht gehandicapped...in dem Zusammenhang verstehe ich auch nicht Klatschen bei der Landung eines Flugzeugs, ich tröte ja auch keinem Busfahrer eine Wuwuzela ins Gesicht, schmeisse Konfetti und rufe "Horst-Günther ich bewundere Dich in Deiner Funktion als Busfahrer auf der Strecke zwischen Bramsche und Osnabrück"
;-)..
Nicht falsch verstehen, ich freue mich durchaus, wenn ich bewundert werde, aber für mich hörte sich das so an, als würde man mir nicht mal die alltäglichsten Dinge zutrauen....wobei sich das langsam bessert..und trotz beginnender Faltenbildung und dem einen oder anderen Knarzen in den Knochen muss ich echt sagen, dass das Älterwerden gar nicht so schlecht ist, da man die Gelassenheit entwickeln kann, mit alten Dämonen und Illusionen seinen Frieden zu machen.
In dem Zusammenhang hat mir vor kurzem ein sehr lieber und wichtiger Freund einen bedeutungsvollen Satz gesendet "Erst wenn Du weisst, wer Du NICHT bist, weisst Du, wer Du bist"..Genialer Satz, der zwar auf den ersten Blick frustrierend klingt, aber auf lange Sicht erspart er einem wertvolle Zeit!
Ich weiss jetzt und habe vor allen Dingen akzeptiert, dass ich vom Äusseren- aber auch vom Inneren her, nie so sein werde, wie andere, ..und es wird auch immer wieder Momente geben, in denen ich diese Tatsache verfluche, beispielsweise wenn ich einen Ort besuchen möchte, der nicht rollstuhlgerecht ist..
Selbst wenn aber von einem auf den anderen Moment die Welt barrierefrei wäre, dann würde ich irgendwas anderes finden, was mich dann nervt oder anpisst..Genervt sein in "erträglichen Dosen" ist ganz gut, weil es zum Nachdenken anregt und somit Raum für Lösungen anbietet.;-)
Und ich weiss auch, dass vielleicht nicht Myriaden an Menschen mich kennenlernen möchten, egal ob nun auf freundschaftlicher oder partnerschaftlicher Basis, aber die, die das wollen sind schon besondere Menschen, weil sie nicht an Oberflächlichkeiten oder stereotypen Schönheitsidealen interessiert sind. Und eben das macht sie zu besonderen Menschen..und räusper...mich dann irgendwie auch..Wobei ich natürlich schon mal oberflächlich und zickig sein kann, ist aber nicht wirklich meine Grundhaltung..aber ich bin furchtbar schadenfroh..haut sich einer mal das Köpfchen an oder macht einen tollen Versprecher..zack liege ich im Eck und kugel mich..
Darüber hinaus trägt meine Behinderung auch zu unfreiwilliger Komik bisweilen bei, weil es immer wieder Momente gibt, in denen Menschen sehr angestrengt nachdenken, nur um in einer Konversation mit mir die Verben der Bewegungsrichtung ( gehen, laufen, rennen ) vermeiden wollen, weil sie befürchten, ich brech dann in Tränen aus..dem ist wirklich nicht so, denn auch ein Blinder sagt ja auch hin und wieder "Ich schau mal nach"..;-)
Oder aber wenn ich im Restaurant bin und es gibt Buffet und jemand bietet mir an, was von dort zu holen mit den Worten "Bleib ruhig sitzen, ich hol Dir was" und dann plötzlich kreidebleich wird, weil er "sitzen bleiben" gesagt hat..Mich amüsiert das sehr und ich bin da auch niemanden böse, weil es zeigt, dass der Rollstuhl nicht mehr wahrgenopmmen wird, also ist das dann eigentlich eine win-win Situation für beide..
Mit anderen Worten, ich habe jetzt aufgrund meines Rollstuhls kein passendes Vokabular mir anngeeignet..denn wenn ich sagen würde "ich roll jetzt in die Stadt zum Einkaufen" (anstatt "gehen")
dann hat das doch Ähnlichkeit mit dem Witz, bei dem eine sehr beleibte Frau in eine Konditorei kommt und zur Verkäuferin sagt "Ich möchte gerne Rumkugeln" worauf dann die Verkäuferin entsetzt sagt "aber nicht in unserem Laden!"...;-)
Am skurrilsten wird es dann, wenn ich in dritter Person angesprochen werde, meist machen das ältere Herrschaften, jenseits der 60..eine ehemalige Mitarbeiterin unseres örtlichen Getränkehandels hat mich immer gefragt "Hallo, was bekommt sie denn?".. anfangs habe ich mich immer mehrfach umgedreht, wen sie denn gemeint haben könnte, aber da war niemand anderes im Laden....also habe ich geantwortet "sie bekommt einen Kasten Cola light, und wenn die Mitarbeiterin so lieb wäre, ihr diesen Kasten in den Kofferraum zu stellen, würde sie sich freuen.." ;-)
Oder aber wenn Menschen gaaaanz laaangsam und gaanz laut mit mir sprechen, weil sie vielleicht denken "wenn sie es schon mit den Beinen hat, dann hat sie es vielleicht auch mit den Ohren"
Es gibt nur drei Dinge, die ich nicht so prickelnd finde, zum einen ist es das, wenn ich eine Einkaufsbegleitung habe und beispielsweise in einem Klamottenladen wird diese dann gefragt, welche Grösse ich hätte, obwohl ich grade mal 40 cm Luftlinie von meiner Begleitung entfernt bin..
Und dann noch das sofortige Duzen von einer Person, die ich nicht kenne..
Und zum Schluss eben, wenn jemand auf einem Behindertenparkplatz parkt ohne "blaues Kärtle" auf dem Armaturenbrett..aber das hatte ich ja schon thematisiert..
Ok also zum Abschluss, wie geht man nun mit einem Behinderten um..nun ganz kurz und prägnant.."genauso, wie Du es Dir wünschst, dass man mit Dir umgeht"..ohne Bohei, mit einem bisweiligen Hang zur Selbstironie, mit Respekt und nicht sooo furchtbar ernst....mehr ist nicht nötig...dann klappts auch mit dem Nachbarn..zwinker..
Gute Nacht!!!
Grade wieder ein Erlebnis "reinbekommen". Disponent rief an und sagte "Frau XXX? Ich hab eine kleine Reklamation..SITZEN SIE GUT DAFÜR?" ( er weiss, dass ich im Rolli sitze ).ich hab geantwortet "Warten Sie Herr XX, ich hol nur schnell einen Stuhl.." .ich glaub, nach 5 Minuten war er fertig mit dem Entschuldigungsagen..der arme...aber diese Situation bekommt von mir trotzdem ein "Like"...herrlich...
zwei-cent-senfglas - 24. Feb, 21:19
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