1
Sep
2014

Schmerz als Chance?

"I can't be, what I'm not" ( ich kann nicht sein, was ich nicht bin ) heisst es im Lied "No matter what" von der Gruppe Boyzone.

Eine Erkenntnis, die mir manchmal auch in Bezug zu meinem Leben und meiner Verhaltensweise in den Sinn kommt.
Und ich mich dann schon frage, wer ich eigentlich bin.
Besser gesagt, wer möchte ich eigentlich sein.

Mal ist es für mich ganz klar, ich habe zwar eine Behinderung, brauche einen Rollstuhl, aber hey, das Leben ist trotzdem toll.
Zumindest möchte so die meiste Zeit rüberkommen, weil ich der Meinung bin, das dies wohl eher akzeptiert wird von anderen.


Nein, eigentlich, stimmt das nicht, ICH kann mich als starke Person wohl eher akzeptieren, als in meinen schwachen Momenten.
Ich habe des öfteren Schwierigkeiten damit, Schmerz und Schwäche zuzulassen.
Der Rollstuhl trägt sicherlich einen Teil dazu bei, weil viele ihn als sichtbares Symbol von Schwäche halten..geht mir manchmal auch so..

Stattdessen spiele ich hin und wieder eine Rolle, wenn es mir nicht gutgeht, von der ich glaube, dass ich sie inzwischen ganz gut beherrsche.
Und dann bin ich meist nicht anders, als viele hier im Netz oder im realen Leben, die ebenfalls eine Rolle spielen, weil sie die Überzeugung haben, dass nur die Starken und Unverwüstlichen wahrgenommen und beachtet werden, die Schwachen fallen durchs Raster.Das Problem dabei ist aber, dass viele recht schnell erkennen, ob jemand echt ist oder nur so tut, als ob. Und trotz dieses Wissens, wird weiterhin eine Maske aufgesetzt.

Das Dumme ist nur, dass ich nur ohne Rollenspiel - also "in echt " - stark sein kann, wenn ich zuvor Schmerz und Schwäche erlebt habe. Und selbst wenn ich es hin und wieder schaffe, beides auszublenden, früher oder später kommt dann doch der innere Fahrstuhl nach unten.
Selbst wenn ich das nicht will, glaube ich, dass das so sein muss.
Weil das Teil der Vollkommenheit, bzw. der eigenen Balance, zu sein scheint.

Aber andererseits, wenn Menschen zu einem sagen "Sei einfach, wie Du bist, auch wenn es Dir mal schlecht geht", dann möchte ich die Frage stellen "wollt Ihr das wirklich?"
Denn ich habe noch nie davon gehört, dass man im Bekanntenkreis über jemanden gesagt hat "hey der/die xy musst Du unbedingt kennenlernen, der/die ist ganz toll im Schwachsein und wenn er/sie über ihre/seine Probleme erzählt, da könnte ich stundenlang zuhören.."


Ich kann nicht erwarten, dass mir jemand zuhört, wenn ich eine Downphase habe, ich kann es nur hoffen.
Wobei ich glaube, dass grade in solchen Momenten der Schwäche, ein Mensch am ehrlichsten, verletzlichsten und vollkommsten ist.
und wenn er dann noch in der Lage ist, Werke zu schaffen, in denen er seinen Schmerz verarbeitet ( beispielsweise in der Literatur oder der Musik ), dann ist das spürbar und man verbindet einen besonderen Bezug zu diesen Stücken.


Das geht mir zumindest so bei "Amazing Grace", wenn ich dieses Lied höre, bin ich meinem Vater besonders nahe, auch wenn es dabei immer noch schmerzt. Und trotzdem ist es oftmals so, dass ich mich in keinem anderen Bereich meines Lebens intensiver wahrnehme und mehr bei mir bin, als in solchen Momenten.

Ob und wie man aus einer solchen Phase wieder herauskommt, kann ich selber nicht wirklich beschreiben. Bislang ist es bei mir so.
Und jedesmal etwas Besonderes, wenn ich spüre, der Fahrstuhl geht langsam wieder nach oben. Und wenn er angekommen ist, dann fühlt es sich für mich so an, als würde ich bei Windstärke 9 an einer Steilküste stehen, auf ein Fishermen's Friend beissen und ganz tief einatmen.

Ob ich auch in Zukunft solche Steilküsten-Momente erleben werde, kann ich nicht sagen, ich kann es nur hoffen und nicht als Selbstverständlichkeit ansehen..
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